Skulptur und Spiel
2015 - 2017 (Auswahl)
oben: Installation in der Galerie B2, Baumwollspinnerei, Leipzig, 2017
unten: Intervention im Museum Grimmwelt, Kassel, 2019
Detail:
glasierte Keramik, ausgehärteter Leim,
Pinsel, Acrylfarbe, Stahl
35 x 14 cm; Steele 110 cm
Humor als Lebenselixier
Kopiczinski ist als Mensch und Künstler am ehesten ein subtiler Possenreißer. Im persönlichen Kontakt ebenso wie
beim Betrachten seines Werkes schwingt zwar unterschwellig, jedoch stets spürbar, ein gutes Maß Witz und Schalk mit,
ohne jedoch dabei je oberflächlich, trivial oder gar billig zu sein - im Gegenteil: Kopiczinski ist ein in besonderem Maße
tiefgründiger, gründlicher, ja schwerer Denker, dessen Humor als Gegengewicht zu seiner Melancholie ein notwendiges
Lebenselixier darstellt. Dieses Prinzip ist in seinem gesamten Werk spürbar.
In seiner Arbeit „Skulptur und Spiel“ kommen die beiden Ebenen Humor und Tiefe fasst ausnahmslos zum Ausdruck,
zuweilen subtil, zuweilen unmittelbar. Dies geschieht durch das Spiel mit Tabus, Abartigem, Morbidem, mit Sexualität,
Skurrilem, Groteskem und Anzüglichem, mit Klischees, Vorurteilen und Symbolen, mit Absurditäten, Politischen Bezügen
und Provokation, mit Ästhetik, Farben und Material.
Kopiczinski fügt in einer Art künstlerisch-handwerklicher Improvisation intuitiv verschiedenste Materialien collagenartig
zu Skulpturen zusammen. Allesamt spiegeln menschliche Figürlichkeit wieder oder erinnern zumindest daran.
Hierbei wählt er aus einem vor ihm liegenden Haufen mannigfaltiger Materialien aus, einem Fundus aus Abfällen, Sperrmüll
oder auch Fundstücken. Kein einziger Bestandteil dieser Arbeit wurde etwa in einem Künstlerbedarfgeschäft käuflich erstanden.
Die einzelnen Bestandteile werden in einem spielerischen Arbeitsgang intuitiv gegriffen, ausprobiert und meist mit Fäden zusammengebunden. Dieser Prozess geschieht mehr unbewusst als bewusst, mehr intuitiv als diskursiv, jedenfalls ohne
größere vorherige Reflexion.
Die Idee für die einzelne Skulptur entsteht unmittelbar, prozessimmanent, sie wird entweder direkt umgesetzt oder wieder verworfen. Sie entsteht nicht etwa in einem konzeptuellen, komplizierten, intellektuellen Denkprozess.
Eben dieser schnelle, improvisierte, unmittelbare und pure Arbeitsprozess verleiht den Figuren ihre krude Direktheit, ihre
charmante Imperfektion bei gleichzeitig erstaunlicher Stimmigkeit.
In ihrer Anzüglichkeit haben viele der Figuren einen Witz, der zum einen durch die in der
Direktheit des Anzüglichen liegenden erquickenden Unverschämtheit entsteht, aber vor allem in Verbindung mit einer
Entblößung menschlicher Realität, die durch ihre Wahrhaftigkeit unsere menschliche Scham und Verlogenheit vorführt
und dadurch zum Grinsen, Schmunzeln, ja zum geständigen Auflachen anstiftet.
Dr. J.-C. Knobbe
Skulptur und Spiel I
Pigmentdruck auf Barytpapier,
gerahmt, 50 cm x 70 cm
Skulptur und Spiel II
Pigmentdruck auf Barytpapier
70 cm x 100 cm